Ich habe mich bislang noch nicht zum Thema 'Zucht Pro und Contra' geäußert, weil ich es einfach noch nicht konnte.
Ich war diesbezüglich mit mir selbst uneins und habe ständig in Gedanken meinen eigenen Standpunkten widersprochen

Auch kenne ich mich mit Zucht und Rassekatzen nicht so gut aus, so dass ich sehr gut aufpassen muss, dass ich nicht "bauchgefühlte" Vorurteile und Fehlinformation mit Tatsachen und Fakten verwechsle.
Inzwischen habe ich es für mich ein bisschen klarer und um dahin zu kommen hat mir die kontrovers aber sachlich geführte Diskussion hier sehr geholfen. Vielen Dank euch allen

Dass wir hier weder von Qualzuchten, noch von Vermehrern reden, gilt auch für mich. Auch beziehe ich mich nur auf Katzen, obwohl meine Überlegungen für alle anderen Tiere ebenso gelten.
Ich kann es niemandem verübeln, wenn er dem Charme einer bestimmten Rasse erliegt, bzw. sein Herz an ein bestimmtes Rassetier verliert. Auch wenn die stinknormale Europäisch Kurzhaar mein Herz am zuverlässigsten zum klingen bringt

, kann ich nicht ausschließen, dass es mich nicht auch eines Tages mal erwischt. Die meisten Rassekatzen sind einfach traumhaft schöne Tiere.
Das "Sicherheitsbedürfnis" bezüglich Gesundheit, Wesen und Sozialverhalten, welches Viele einen Züchter aufsuchen lässt, habe ich aktuell nicht. Aber auch hier muss ich einräumen, dass es Situationen / Konstellationen gibt, die gewisse Vorbedingungen erfordern. Ob ich die ausschließlich bei einem Tier vom verantwortungsvollen Züchter finde, oder evtl. auch bei einem Tier, welches längere Zeit mit Familienanschluss beim Tierschutz verbracht hat, oder auch bei einem Kitten aus den "hätte nicht passieren dürfen, aber nun sind sie nunmal da" Würfen, die liebevoll, behütet und verantwortungsbewusst bei ihren Dosis aufwachsen? Ich denke, da alles ist möglich.
Die Frage, ob ich es moralisch und ethisch vertreten kann, dass Katzen mit Absicht gezeugt und geboren werden, obwohl die Tierheime und die Straßen voller Katzenelend sind, kann ich nur mit einem klaren JAIN beantworten

Zum einen glaube ich nicht, dass es kein Katzenelend mehr gäbe, wenn es keine Zuchtkatzen mehr gäbe. Aber das weiß ich nicht, denn ich kenne diesbezüglich keine Zahlen. Abgesehen davon denke ich, dass einige Dosis keine Katze/n hätte, wenn es keine Zuchten und Rassen gäbe.
Zum anderen erlaube ich mir, Unterschiede bei den Rassen und bei der Motivation zum Züchten zu machen. Es geht dabei nicht um wertig oder minderwertig. Bitte, ich möchte nicht, dass sich jemand auf den Schlips getreten fühlt.
Es gibt Rassen, die sind sehr "ursprünglich" und nah an ihren wildlebenden Vorfahren, aus denen sie größtenteils schon vor langer Zeit aufgrund von Domestikation und Wanderung entstanden sind. Die Gattung Felis ist sehr vielfältig, je nach dem, auf welchem Längen- oder Breitengrad sie lebt oder lebte. Als Beispiel fallen mir zum Beispiel Abessinier, Ägyptische Mau, Korat, Thaikatze, Angorakatze, Norweger, Türkisch Van u.v.m. ein.
Diese Rassen so nahe wie möglich am Original zu erhalten, ist für mich eine vertretbare Motivation für Zucht, denn eins ist klar: wenn wir in dem Tempo weitermachen, wird es Wildkatze, Falbkatze, Manul und Co. bald nicht mehr geben

Aber da sind wir auch schon bei meinem Dilemma Nr. 1: Wer entscheidet, welche Rasse "ursprünglich" genug ist? Wann ist eine Rasse alt?
Andererseits gibt es Rassen, die teils vor noch gar nicht allzu langer Zeit quasi "auf dem Reißbrett" enstanden sind, weil der Mensch die Unart hat, sich selten mit dem zufrieden zu geben, was es schon gibt, sondern lieber alles noch besser, noch passender, noch exklusiver, u.s.w. u.s.f. haben möchte.
"Langhaarkatze ja, aber haaren darf sie bitte nicht." "Eigentlich ist diese Katze perfekt. Fehlen nur noch die Punkte." "Huch, die Kater sind ja alle steril! Na, dann nehmen wir halt noch ein paar Bengalen und Hauskatzen mit rein."
All die Balinesen, Savannahs, RagaMuffins & Co. sind wunderschön und absolut liebenswert, aber wer gibt uns das Recht, Tiere mit einem bestimmten Aussehen und Wesen durch Verpaarung verschiedener Rassen "herauszuarbeiten", wobei z.T. sogar vor dem Provozieren von Gendefekten nicht Halt gemacht wird? Für jeden noch so skurilen Geschack gibt es die passende Katze. Mir geht das zu weit.
Und da sind wir schon bei meinem Dilemma Nr. 2: Was macht man nun mit diesen "künstlichen" Rassen, die in den letzen 100 und x Jahren den Genetikbaukästen entsprungen sind? Die Zucht sofort einstellen? Haben sie keine Daseinsberechtigung obwohl es sie gibt, nur weil es sie ohne unser Zutun wohl nicht gegeben hätte?
Diese beiden Dilemmas habe ich für mich noch nicht gelöst, aber ich würde mir sehr wünschen, wenn das Herauszüchten von neuen Farben, Fellqualitäten, Kopfformen etc. endlich ein Ende hätte.
Über die Frage: Was macht für mich einen verantwortungsvollen Züchter aus? schreibe ich dann meine nächste Diplomarbeit
