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Katzen in Indonesien sollen H5N1-Antikörper tragen
Jede fünfte Katze in indonesischen Vogelgrippe-Gebieten zeigt Spuren von Kontakt mit dem Virus H5N1. Das fanden Forscher heraus, die Blutproben streunender Katzen analysiert haben. Noch haben Fachkollegen dieses Ergebnis nicht bestätigt. Doch Virologen halten es für plausibel.
Streunende oder wild lebende Katzen dürfen nicht allzu wählerisch sein: Tote Vögel gehören auf ihren Speiseplan, ebenso wie Schlachtabfälle, Essensreste und jene Häppchen, die wohlgesonnene Menschen ihnen zuwerfen.
Auch in Indonesien haben die Katzen Hunger, doch allzu oft verspeisen sie offenbar gefährliche Kost. Denn jede fünfte Katze in den Vogelgrippegebieten Indonesiens ist mit dem Virus H5N1 in Kontakt gewesen. Zu diesem Schluss kommt der Virologe Chairul Anwar Nidom von der Airlangga University in Surabaya auf der indonesischen Insel Java, nachdem er an fünf Orten Blutproben von insgesamt 500 streunenden Katzen genommen hatte: Auf der Insel Sumatra, in der Hauptstadt Jakarta und an drei weiteren Orten auf Java.
In jeder fünften Probe fand Nidom Antikörper gegen das Virus H5N1, das die hochansteckende, in Einzelfällen auch für Menschen gefährliche Variante der Vogelgrippe auslöst. Seit 2003 fallen ihr in Asien immer wieder Geflügelbestände zum Opfer. Millionen von Vögeln sind vorsorglich getötet worden, um eine Ausbreitung zu verhindern.
Möglicherweise ist die - auf den ersten Blick bereits hohe - Zahl von rund zwanzig Prozent aus der Katzen-Stichprobe noch zu niedrig gegriffen, falls andere Katzen nach einer Infektion erkrankt und gestorben sind, und so nicht mehr für die Tests der Forscher zur Verfügung standen. Ist die Meldung aus Indonesien, einem der Brennpunkte des aktuellen Vogelgrippe-Tierseuchenzugs, ein Grund zur Sorge?
Ergebnisse plausibel, aber noch nicht überprüft
Nidom hatte in der vergangenen Woche lokalen Medien von seinen Ergebnissen berichtet, nicht etwa wissenschaftlichen Fachzeitschriften mit ihren strengen formalen Vorgaben und Begutachtung durch Fachkollegen. Am 15. Januar berichtete die japanische Zeitung "Kyodo News" über die Untersuchung. Südostasiatische Nachrichtenwebsites griffen das Thema auf.
Als erstes westliches Medium nahm sich das populäre Wissenschaftsmagazin "New Scientist" Nidoms Erkenntnissen an - nicht ohne sie mit einer knackigen Überschrift zu versehen: "Deadly H5N1 may be brewing in cats" - tödliches H5N1 könnte sich in Katzen zusammenbrauen.
"Ich mache mir Sorgen, dass das Virus einfacher auf Menschen übertragbar wird, weil die Körpertemperatur von Säugetieren wie Katzen der von Menschen ähnelt", hatte Nidom zu "Kyodo News" gesagt. Dieser Gedankengang folgt der Vorstellung von einer bevorstehenden Mutation des Virus.
Trotz 269 bestätigter Infektionen - und 163 Todesfällen - bei Menschen weltweit, ist die Vogelgrippe eine Tierseuche. Das Säugetier Homo sapiens stellt für den Erreger keinen guten Wirt dar. Das Virus schafft es kaum, über die Atemwege in den Körper einzudringen. Doch, so die Befürchtung, Katzen und andere Tiere könnten auf dem Weg zum fatalen Spezies-Sprung gute Trainingsobjekte abgeben.
"Vielleicht sind Katzen der Zwischenwirt für H5N1"
Es sei bekannt, dass die Pandemie der Spanischen Grippe aus dem Jahr 1918 auf ein Vogelgrippevirus zurückging, das sich in einem Wirt, wahrscheinlich in Schweinen, an Säugetiere angepasst habe, sagte Albert Osterhaus von der Erasmus-Universität in Rotterdam dem "New Scientist". "Vielleicht sind Katzen der Zwischenwirt für H5N1."
Osterhaus hatte im Jahr 2004 im Labor als Erster nachgewiesen, dass Katzen sich mit H5N1 infizieren können. Auch Chairul Anwar Nidom ist kein Unbekannter. Er isolierte das Virus im Jahr 2005 im Körper indonesischer Schweine.
Nidom erklärte, er werde im Februar in Japan an der University of Tokyo weitere Untersuchungen mit den Blutproben vornehmen. Sein Kollege Osterhaus warnte: Nidoms Ergebnisse seien noch nicht von unabhängigen Kollegen bestätigt worden. Osterhaus sagte aber auch, sie seien nicht sonderlich überraschend - höchstens verwundere ihn, dass der Anteil nicht noch höher sei. "Wenigstens zeigt der Anteil, dass das Virus sich noch nicht vollständig an Katzen angepasst hat", sagte er.
Auch auf Rügen und in Österreich infizierten sich Katzen
Katzen sind Jäger, sie fressen viele Vögel. Ein einziges infiziertes Beutetier kann genügen, um sich anzustecken. Während im vergangenen Winter H5N1 an vielen Orten in Europa aufgetreten war, hatten sich auch dort Säugetiere infiziert. Auf Rügen fand man tote Katzen und einen Steinmarder mit dem Virus. In Österreich überlebten Katzen die Infektion.
Der - bislang vorläufige - Befund aus Indonesien erscheint logisch. Um seine Bedeutung einzuordnen fehlen aber noch entscheidende Details: Wie hoch war die Virenlast, aufgrund derer die Katzen Antikörper bildeten? Wie ansteckend sind die Ausscheidungen infizierter Katzen für Artgenossen? Im Gegensatz zu Vögeln haben Katzen kaum natürliche Feinde. Wohin und wie könnte das Virus sich von ihnen als Zwischenwirt aus verbreiten?
Auf Indonesien, eines der bevölkerungsreichsten Länder der Welt, entfallen mehr als 60 der bestätigten Vogelgrippe-Toten auf der Welt. Hinterhof-Hühnerhaltung ist hier für viele Familien wichtig. In der Provinz Jakarta haben die Behörden begonnen, in Wohngebieten gehaltenes Geflügel töten zu lassen - eine ökonomische Katastrophe.
Experte Osterhaus glaubt nicht, dass es sinnvoll wäre, auch Jagd auf Katzen zu machen, wenn andere Forscher Nidoms Ergebnisse bestätigen sollten. Wenigstens was Speisereste, Schlachtabfälle und gedankenlos verteilte Häppchen betrifft, können die Menschen mit beeinflussen, wie leicht das Virus sich unter Vierbeinern verbreitet. Der Rotterdamer Virologe meint: "Katzen müssen einfach davon abgehalten werden, krankes Geflügel zu fressen."
Quelle:
Spiegel-Online
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