Leben mit der tödlichen Diagnose...

Moderator: Moderator/in

Benutzeravatar
sabina
Moderatorin
Moderatorin
Beiträge: 7361
Registriert: 12.10.2006 19:34
Geschlecht: weiblich
Wohnort: schweiz

Re: Leben mit der tödlichen Diagnose...

Beitragvon sabina » 22.05.2013 19:00

als ich damals die diagnose von cosmo bekam, dass er höchstens noch 2-3 monate leben wird mit seiner schweren herzerkrankung, war ich zuerst mal im schock. diese "betäubung" hielt ein paar tage an und dann kam die erkenntnis mit voller wucht. cosmo war doch erst 7 jahre alt :(
und dann begann der kampf gegen seine chronische übelkeit, ein einziger albtraum. mein ta versicherte mir damals, cosmo habe keine schmerzen und es wäre wohl das schönste für ihn, wenn er einfach friedlich bei mir zuhause einschlafen dürfe. somit lag diese schwere entscheidung, wann es zeit ist, alleine bei mir und das empfand ich als die schwerste last. ich verlor den überblick, wieviele gute tage cosmo hatte und wieviel schlechte. also begann ich eine kurve, in der ich jeden tag eintrug, wie es ihm ging, ob ich zwangsfüttern musste, ob er im gärtchen die sonne geniessen konnte oder versteckt hinter dem tv lag. entscheidend war ja seine lebensqualität. ich hatte beschlossen, falls cosmo 3 wochen lang nur noch schlechte tage hätte, ihn gehen zu lassen.
ich hatte meinen kleinen herzenstiger versprochen, immer für ihn da zu sein und ihn nie im stich zu lassen. ich ging nicht mehr weg und verbrachte fast jede minute mit ihm und morpheuschen. und dann wurden seine medikamente umgestellt, da ich wieder den ta gewechselt hatte und cosmo gings besser. ich war so glücklich, denn ich hatte meinen kater wieder, so wie ich ihn gekannt hatte. tja, und dann überredete mich meine freundin zu einem kinobesuch, nach all den monaten doch mal wieder an mich zu denken. ich sagte zu, denn cosmo ging es ja besser. nur 2 stunden kino...und als ich zurückkam, sass morpheus an der türe, allein.... cosmo war in aller stille und heimlichkeit gegangen :(
ich hab mir lange bitterste vorwürfe gemacht, nicht da gewesen zu sein. bis ich begriffen habe, dass cosmo es genauso wollte.
diese 3 wochen, als es cosmo nochmals besser ging, betrachte ich heute als das grösste geschenk :) ich durfte ihn nochmals spielen sehen, wieder alleine fressen sehen und er hat wieder die nähe von morpheus zugelassen. in diesen 3 wochen hat cosmo mir und morpheus nochmals alles geschenkt, was er hatte und ich bin unendlich dankbar für diese zeit.
und wenn ich manchmal todmüde heimkomme und mich eigentlich nur noch ausruhen möchte und dann morpheus kräht und seine aufwendigen rituale will, zögere ich keine sekunde. cosmo hat uns gelehrt, jede minute zusammen zu geniessen :)
Liebe Grüsse Sabina mit Morpheus und Aragon
und Cosmo und Victoria immer im Herzen

Ohne Katzen hört meine Welt auf, sich zu drehen


Benutzeravatar
Räubertochter
Moderatorin
Moderatorin
Beiträge: 22094
Registriert: 17.05.2007 17:58
Vorname: Stefanie
Geschlecht: weiblich
Wohnort: Herzogtum Lauenburg
Kontaktdaten:

Re: Leben mit der tödlichen Diagnose...

Beitragvon Räubertochter » 22.05.2013 19:19

Ich kann mich da noch sehr gut dran erinnern, Dank Cosmo kennen wir uns und auch wenn das eine harte Zeit war, hat er was Schönes zurückgelassen.
Das was Du beschreibst ist übrigens ein Teil des Sterbeprozesses, der Körper mobilisiert nocheinmal all seine Kräfte und es scheint das Tier oder der Mensch wäre wieder ganz der Alte. Erst danach geht es in die nächste Phase. Und auch dass alleine gehen kommt so oft vor. Selbst wenn man sich vornimmt dabei zu sein, der letzte Schritt zur die letzten Reise wird oft alleine angetreten.
Ich habe ja vor kurzem Pauline gehen lassen und das erste Mal beim Tier miterlebt wie es ist. Sicherlich sie war nur ein kleiner Hamster, werden sich manche denken. Aber um mich herum wurden schon der rat erteilt doch zum TA zu fahren, aber ich wollte es nicht.
Auch bei ihr war es so, dass man über Monate sehen konnte, dass sie alt wird und eine Woche vorher war sie wieder wie ein junger Hüpfer in ihrem Terra unterwegs, tja da wusste ich was kommt. Und es war nicht einfach, aber so ist das Leben-nicht einfach und der Tod gehört zum Leben dazu.

Für Euch alle mein absolutes LIeblingsgedicht seit Jahrzehnten- es passt in jeder Lebenslage, so finde ich:


Stufen


Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf´ um Stufe heben, weiten.

Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegensenden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden ...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde !

Hermann Hesse
Zuletzt geändert von Räubertochter am 22.05.2013 22:02, insgesamt 1-mal geändert.
Bild
Unvergessen meine Sternchen Raffi-Ronja-Trudi & Pauli

Benutzeravatar
Regina
Super-Duper-Experte
Super-Duper-Experte
Beiträge: 2794
Registriert: 30.10.2006 14:31
Geschlecht: weiblich
Wohnort: Lyon / Frankreich

Re: Leben mit der tödlichen Diagnose...

Beitragvon Regina » 22.05.2013 21:03

@ Sabina und Steffie,

das habt Ihr sooo schön gesagt!

Und Rilkes Gedicht ist auch eins meiner Lieblingsgedichte. Es traf schon so oft auf verschiedene Phasen meines Lebens zu!

Liebe Grüsse,
Regina
Ich sah die Tiere in ihren Zwingern und Käfigen im Tierheim.
Den Abfall der menschlichen Gesellschaft.

Ich sah in ihren Augen Liebe und Hoffnung, Furcht und Verzweiflung, Traurigkeit und Betrug.
Und ich war böse. "Gott", sagte ich, "das ist schrecklich! Warum tust Du nicht was?"

Gott schwieg einen Augenblick und erwiderte dann leise: "ich habe was getan...
...ich habe Dich erschaffen.

Benutzeravatar
SONJA
Admin
Beiträge: 17528
Registriert: 23.08.2005 10:18
Vorname: Sonja
Geschlecht: weiblich
Wohnort: München, Bayern
Kontaktdaten:

Re: Leben mit der tödlichen Diagnose...

Beitragvon SONJA » 31.05.2013 21:20

Sabina, jetzt muss ich weinen... Ich denke auch, Cosmo hat es genau so gewollt. Wie schön, dass ihr alle diese guten letzten Wochen zusammen hattet. :kiss:
Bei Pumbi letztes Jahr, war es ähnlich, alles lief so gut und wirkte so positiv und dann war es auf einmal ganz plötzlich soweit.
Auch bei unseren Meerschweinchen war es immer so, dass kurz vor dem Tod nochmal eine sehr positive Phase kam,
wie ein letztes Aufbäumen. Selbst bei meiner Oma war es so. Das kommt mir immer vor, wie ein Sammeln, vor der letzten Reise...

Es fällt mir nicht leicht, darüber zu schreiben, aber ich versuche es mal:
Bei Pumbi waren wir ja nun dabei. Wir waren ja nachts noch in der Tierklinik und es war noch nicht absehbar. Im Laufe des nachmittags
war dann klar, dass es jetzt soweit ist. Nun hätten wir also in die Tierklinik fahren können (bei guter Verkehrssituation wären das rund 45 Minuten
gewesen, bei schlechter mehr) und er wäre vielleicht auf dem Weg dorthin im Auto eingeschlafen oder wir hätten einen Tierarzt anrufen
können, der wäre vorbei gekommen - aber das wäre für uns irgendwie nicht richtig gewesen.
So blieben wir alle bei ihm und kuschelten ihn und auch Cookie sass bei ihm. Er hatte sich in seinen Kennel gelegt und wir haben den oberen
Teil entfernt, so konnten wir ihn halten und streicheln und mit ihm reden. Es war ein sanftes hinübergleiten, die Lebenskraft wicht immer ein
wenig mehr und irgendwann war er eingeschlafen. Das war eine wahnsinnig innige und intensive Zeit.
Danach haben wir gedacht, wir werden verrückt, so hat es weh getan, aber in dem Moment, war es okay und in Ordnung - der Schmerz kam
erst danach.

Was ich damit sagen will: die Alternative wäre ein Behandlungstisch in einer sterilen Klinik gewesen und so war es für uns besser. Ich will
damit niemanden verurteilen, der eine andere Entscheidung getroffen hätte, das ist einfach eine sehr individuelle Entscheidung und da spielen
viele Faktoren mit und jeder wird die für seine Situation richtige Entscheidung treffen.

Ich sehe es ähnlich wie Steff. Der Tod gehört zum Leben dazu und wenn das sterben ein Prozess ohne große Schmerzen und ohne körperliche
Qual ist, dann sollte man ihn auch zulassen. Auch kulturell gesehen war es bei den Menschen fast immer so, dass der Tod "erlebt" wurde, in der
jüngeren Geschichte kam die ganze Familie zum Abschied in das Zimmer, da waren die Liebsten, der Pfarrer, der Arzt und es war ein "Abschieds-Prozess"
sogar die kleinen Kinder der Familie waren zum verabschieden da. Es ist erst ein Trend der heutigen Zeit, dass das sterben "verbannt" wird,
in Krankenhäusern geschieht usw.
Ich habe mal eine Studie gelesen, dass wenn die Verstorbenen z.B. nochmal aufgebahrt werden und die Hinterbliebenen die Möglichkeit haben,
körperlich Abschied zu nehmen, also den Verstorbenen zu sehen, anzufassen usw. die Trauer deutlich besser verarbeitet werden kann, als wenn
dies nicht geschicht - ich denke, weil der Tod dann nicht mehr so abstrakt ist, sondern "greifbarer" wird, weil dann "begriffen" werden kann, dass
das Leben nicht mehr in diesem Körper ist...

Wie gesagt und das ist mir sehr wichtig - ich möchte hier über keine Entscheidung oder über keine Ansicht urteilen - es gibt hier kein "richtig" oder "falsch",
dass allgemeingültig wäre - diese Entscheidung muss jeder für sich und eben auch für seine Tiere treffen, aber ich wollte diesen Standpunkt hier auch
erwähnen.


lg
sonja
...



Zurück zu „Allgemeines“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 134 Gäste