Der Pharma-Riese will Dutzende von Laborhunden loswerden. Sie könnten zur Adoption freigegeben werden — oder die letzte Spritze erhalten.
Nicht nur Angestellte bekommen die Sparmassnahmen von Novartis zu spüren. Die vor Kurzem angekündigte Umstrukturierung betrifft auch die Labortiere. Zusätzlich zur Schliessung von zwei Standorten gibt der Pharmakonzern mehrere Forschungsprojekte auf.
Plötzlich werden Dutzende von Beagles, die für Tierversuche verwendet wurden, «überflüssig». Diese Rasse ist am weitesten verbreitet in den Laboratorien, weil die Hunde zahm und nicht sehr gross sind.
Verkaufen oder einschläfern
«Man hat noch keinen definitiven Entscheid getroffen zum Schicksal der betroffenen Tiere», erklärt Karin Blumer, Sprecherin von Novartis, gegenüber dem «SonntagsBlick», der die Sache aufdeckte. Verschiedene Szenarien sind möglich: Die Hunde könnten an weitere Firmenstandorte überführt, an andere Labors verkauft, zur Adoption im Tierheim platziert oder eingeschläfert werden.
Der Pharma-Riese lässt sich bis Anfang 2012 Zeit für einen endgültigen Beschluss. Sein erstes Ziel ist es aber, für möglichst viele Hunde ein neues Heim zu finden. Zu diesem Zweck arbeitet er mit dem Schweizer Tierschutz STS zusammen. «Unsere Hunde-Spezialistin steht mit Novartis in Kontakt», bestätigt STS-Pressesprecherin Helen Sandmeier. «Wenn sie nicht allzu krank sind, muss man den Tieren eine zweite Chance geben. Einige waren noch nie an der frischen Luft, sind noch nie draussen herumgerannt. Sie verdienen es, ihr Leben wie echte Hunde zu beenden.»
Hunde sind nicht stubenrein
Allerdings ist es nicht leicht, diese Laborbeagles bei Privatpersonen unterzubringen. Sie wurden nie sozialisiert und haben wenig Kontakt zu Menschen. Ein weiteres Problem: Sie sind nicht stubenrein. Auch wenn sich Junghunde noch an die Freiheit gewöhnen könnten, ist die Situation der älteren kritischer.
Julika Fitzi, Tierärztin und SPS-Verantwortliche, hat vor kurzem die Beagles von Novartis besucht. Ihr zufolge schienen die meisten Hunde gut in Form zu sein. «Nur einige wenige sahen verstört und verängstigt aus.» Bei den absichtlich infizierten Tieren wird es «schwierig oder unmöglich sein, sie zu platzieren», kommentiert die Tierärztin.
«Pakt mit dem Teufel»
Labortiere zur Adoption freizugeben, dem steht Maxime Moret, Präsident der Schweizer Liga gegen Vivisektion (SLGV), skeptisch gegenüber. Seiner Meinung nach versuchen die Forscher nur, ihr Gewissen zu reinigen. «Aber im Grunde stossen sie einfach die Hunde ab, die ihnen nichts mehr nützen», wirft Moret ihnen vor.
Wird der SPS zum Komplizen der Pharmakonzerne? «Wir unterstützen solche Versuche natürlich nicht», verteidigt sich Helen Sandmeier. «Aber in diesem konkreten Fall müssen wir zum Vorteil der Tiere einen ‹Pakt mit dem Teufel› eingehen.»
Quelle: http://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/unternehmen-und-konjunktur/Novartis-laesst-Hunde-frei/story/21289262