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Zecken

Verfasst: 19.03.2007 01:23
von Rita
Vom Holzbock zum unerwünschten Untermieter
Nördlich der Alpen finden wir den so genannten Holzbock, mit wissenschaftlichem Namen Ixodes ricinus, als häufigste und wichtigste Zeckenart in der Schweiz. Interessanterweise wird dem Holzbock im Kanton Tessin der Rang durch eine andere Zeckenart, die Braune Hundezecke, Rhipicephalus sanguineus, streitig gemacht. Dies mag mit den dortigen klimatischen Bedingungen zusammenhängen, liebt letztere doch das warme Wetter. Allerdings, und das ist wiederum eher ungewöhnlich, kann sich diese Zecke auch in Gebäuden, insbesondere Wohnungen, einnisten und weiterentwickeln. In diesen Fällen ist sie unabhängig von der Wettersituation, und sie konnte schon mehrfach in deutschschweizer Kantonen festgestellt werden. Doch wie entwickeln sich Zecken überhaupt?

Entwicklungszyklus
Zeckenweibchen legen mehrere hundert bis tausend Eier. Daraus schlüpfen Larven, die bereits wie eine Zecke aussehen, jedoch weniger als einen Millimeter messen. Solche Larven müssen sich für die weitere Entwicklung von Blut ernähren. Dazu kriechen sie auf Grashalme und warten, bis eine Maus oder ein Vogel daran vorbeistreift, um sich daran festzuhalten. Nach der Blutmahlzeit lassen sie sich zu Boden fallen, häuten sich und sind im nächsten Entwicklungsstadium, der Nymphe, bereits wieder hungrig. Die Nymphen unterscheiden sich äusserlich von erwachsenen Zecken fast nur durch ihre geringere Grösse. Auch sie finden sich auf Gräsern und Ästen in Bodennähe und lassen sich auf ihre Opfer fallen, meist Hasen, Füchse, vielleicht auch Katzen, Hunde oder Spaziergänger/innen, die durch das Unterholz streifen. Nach erfolgter Blutaufnahme, die mehrere Tage dauert, fallen die Zecken wiederum zu Boden und häuten sich zu den erwachsenen Männchen oder Weibchen. Nun steht die Fortpflanzung im Vordergrund. Die Weibchen benötigen für die Eiproduktion viel Blut und werden sich schnell wieder auf Wirtssuche machen. Auch erwachsene Zecken sind, wie die vorangehenden Stadien, selten mehr als einen Meter über dem Boden zu finden, wenn sie ihren Opfern auflauern. Nach erfolgter Blutaufnahme beginnt die Produktion und später die Ablage der Eier am Boden. Die erwachsenen Zecken sterben anschliessend.
Aus diesen Ausführungen lässt sich ableiten, dass Katzen, die gerne durch Wiesen und Unterholz streifen, häufig von Nymphen und erwachsenen Zecken befallen werden. Die Zecken bohren sich mit ihren Mundwerkzeugen in die Haut ein und produzieren eine Substanz, mit welcher sie sich gewissermassen einzementieren. Der Stich ist schmerzlos, wird also von Tier und Mensch kaum wahrgenommen. Während mehreren Tagen nehmen die Zecken ein Mehrfaches ihres Körpergewichts an Blut auf. Sie erscheinen dann wie prall gefüllte Kugeln.
Zecken können während der Blutmahlzeit Krankheitserreger übertragen. Beim Menschen sind vor allem die Borrelien (Lyme Borreliose) und das Zeckenenzephalitis-Virus (Hirnhautentzündung) gefürchtet. Katzen scheinen in unseren Breitengraden aber kaum Probleme mit diesen Erregern zu haben. Jedoch können die Tiere bei starkem Befall durchaus unter der Zeckenplage leiden. Zudem besteht die Möglichkeit, dass während oder nach dem Zeckenstich Bakterien in die Wunde eingeschleppt werden, welche lokale Entzündungsreaktionen hervorrufen können (so genannte Sekundärinfektionen). Es ist daher sinnvoll, die Zecken, wenn immer es geht, zu entfernen.
Wie werden Zecken entfernt?
Wie bereits erwähnt, zementieren sich Zecken in der Wunde ein. Es nützt also nichts, irgendwelche Öle oder Alkohol auf die Zecken zu träufeln, in der Hoffnung, sie würden dann loslassen. Davor wird sogar inständig abgeraten, da die Zecken bei einer solchen Behandlung gleich noch ihren Magen- und Speicheldrüseninhalt und damit Bakterien sowie verschiedene entzündungsfördernde Substanzen in die Wunde erbrechen.
Zecken sollen mit einer Pinzette oder speziellen Zeckenzange möglichst am Hautansatz ergriffen, leicht hin und her gedreht und dann senkrecht nach oben herausgezogen werden. Das klingt einfacher als es ist, denn Katzen schätzen solche Handgreiflichkeiten, besonders im Kopfbereich, überhaupt nicht. Sollten die Mundwerkzeuge der Zecke trotzdem in der Haut stecken bleiben, ist dies nicht allzu dramatisch. Es bildet sich schnell ein Granulationsgewebe, und die Fremdkörper werden schon bald an die Oberfläche befördert. Wenn Ihre Katze jedoch vermehrt Juckreiz und Anzeichen einer starken Entzündung zeigt, sollten Sie sie vorsichtshalber von der Tierärztin untersuchen lassen.

Vorbeugung
Um es gleich vorwegzunehmen: Einen hundertprozentigen Schutz gibt es nicht! Selbst wenn hochwirksame Zeckenhalsbänder oder Spot-on-Präparate verwendet werden, können immer mal wieder Zecken auf dem Tier gefunden werden. Aber der Befall wird stark verringert! Natürlich gibt es mehr oder weniger gut geeignete Wirkstoffe – Ihr Tierarzt wird Sie sicher gerne über die Vor- und Nachteile informieren. Wichtig ist, dass die eingesetzten Präparate auch tatsächlich gegen Zecken wirksam sind, denn Zecken gehören zu den so genannten Spinnentieren und nicht zu den Insekten. Es ist daher gut möglich, dass ein Flohhalsband nur ungenügend gegen Zecken wirkt.
Da die Wirkung zeitlich beschränkt ist, muss auch überlegt werden, wann vorgebeugt werden soll. Der Holzbock liebt Temperaturen um 17-20°C. Was darüber oder darunter liegt, behagt ihm nicht so sehr. Dennoch können manchmal völlig überraschend Tiere mit starkem Zeckenbefall mitten im Winter auftauchen. Ein milder Wintertag kann diese Blutsauger bereits wieder aus ihren Verstecken locken, andererseits lauern einige Exemplare an geschützten Orten ihren Opfern auf und lassen sich auch von kalten Aussentemperaturen nicht in ihrer Aktivität einschränken - doch das dürfte glücklicherweise eher die Ausnahme sein. Grundsätzlich findet sich die höchste Zeckenaktivität an milden, nicht zu trockenen Frühlings- bis Herbsttagen.

Dr. Heinz Sager
Institut für Parasitologie, Universität Bern